Benefit 03/2024

Herr Jäncke, warum sind Ausbildende für die Lernenden so wichtig? Jugendliche lassen sich viel mehr von anderen Menschen faszinieren als Erwachsene oder Kinder. Deshalb ist es wichtig, dass Ausbildende einen Zugang zu ihren Lernenden finden. Dann können sie das sein, was die Jugendlichen auf dem Weg zum Erwachsenwerden so stark suchen: Vorbilder, deren Verhalten nachahmenswert ist. Welche Eigenschaften brauchen Ausbildende dazu? So einige. Ausbildende müssen selbst begeisterungsfähig sein, um bei den Jugendlichen Begeisterung zu wecken. Sie müssen einen guten Mix hinbekommen aus begeistern, die Jugendlichen verstehen und Grenzen setzen. Das Wichtigste ist, dass sie als Lutz Jäncke weiss, worauf es bei Jugendlichen ankommt. Sachliche und emotionale Ebene klar trennen Dr. Lutz Jäncke ist Hirnforscher, Professor am Psychologischen Institut der Universität Zürich, Autor und Redner. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem menschlichen Verhalten. Wer sich an Regeln halte, könne sorgloser lernen und arbeiten, so Dan. Und er doppelt nach: «Die Arbeitswelt kann uns Sicherheitsregeln lehren, die uns im Privaten helfen, zum Beispiel im Sport.» «Ich bitte gerne um Hilfe» Fanny ist im zweiten Jahr ihrer Automatikerlehre. Die 18-Jährige erzählt von einem Unfall, der sie beschäftigt hat: Ein Kollege habe sich ein kleines Stück seines Fingers abgehobelt. Es sei glimpflich ausgegangen. Dennoch, sie möchte das nicht selbst erleben. «Deshalb stört es mich nicht, die Ausbildner bei Unsicherheiten um Hilfe zu bitten.» Das dürfe die Lernenden aber nicht davon abhalten, selbst nachzudenken, bevor sie etwas tun würden, ist Fanny überzeugt. Das Risiko bleibt «Unsere Vision lautet null Unfälle», sagt Milovan Ilic, der verantwortliche Berufsbildner bei der Bobst Mex SA. Dafür würden sie viel unternehmen: Bereits in den ersten zwei Wochen sei die Arbeitssicherheit für die neuen Lernenden das Hauptthema. «Wir tauchen förmlich darin ein», so Ilic. Im eigenen Ausbildungszentrum könnten die jungen Leute ihren Beruf ohne Zeit- und Produktivitätsdruck erlernen. «Lernende sind einem höheren Risiko ausgesetzt als Berufserfahrene», ergänzt Ilic. «Deshalb muss Sicherheit Teil der Unternehmenskultur sein.» Mehr Tipps und Tricks von Lutz Jäncke finden Sie unter suva.ch/jugendliche «Ich schaue mich um, wer in der Nähe ist. Bin ich selbst gut geschützt, heisst das nicht, dass meine Kolleginnen und Kollegen es ebenfalls sind.» Emily, Lernende im ersten Lehrjahr als Polymechanikerin Vorbild genau das tun müssen, was sie von den Jugendlichen erwarten. Was kann man tun, wenn Jugendliche sich nicht an die Regeln halten? Übertreten Jugendliche gesetzte Grenzen, machen Ausbildende oft einen Fehler; sie schwingen die «Peitsche». Sie werden aggressiv, drohen oder reduzieren Wertschätzung und Aufmerksamkeit gegenüber den Jugendlichen drastisch. Dieses Verhalten ist falsch. Was wäre richtig? Die Übertretung muss Konsequenzen haben, das ist klar. Die Jugendlichen sollen auf der emotionalen Ebene aber gleichzeitig spüren: «Du bist mir trotzdem wichtig und meine Zuwendung zu dir bleibt bestehen.» Die Zuwendung der Ausbildenden darf nicht davon abhängen, ob die Lernenden etwas sachlich richtig oder falsch gemacht haben. 10 Suva benefit 3/2024

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